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8.10.19

Der (unvermeidliche) Weg zum autonomen Rechenzentrum

„Der digitale Wandel ist im vollen Gange“

So beginnt ein Leitartikel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und macht deutlich: Die Digitalisierung ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess. Weiter heißt es in dem Artikel: „Die technologischen Entwicklungen sind rasant und verändern die Art, wie wir uns informieren, wie wir kommunizieren, wie wir konsumieren – kurzum, wie wir leben.“

Wir befinden uns also mitten in einem radikalen Veränderungsprozess – vergleichbar gesellschaftlichen Umbrüchen wie etwa durch die Industrialisierung. Doch was können wir daraus für die Zukunft (nicht nur) der Rechenzentren lernen?

Ein Blick in die Historie zeigt: Technischer Fortschritt verändert Machtverhältnisse. Er verschafft denen, die ihn beherrschen und vorantreiben, Wohlstand und lässt ganze Nationen profitieren. Im Zuge der Industrialisierung wurden Fabriken und Kraftwerke gebaut, neue Berufe entstanden und der Lebensraum vieler Menschen verlagerte sich. Schienen, Straßen und Telefonnetze verknüpften alles. Zu Machtzentren wurden die Standorte, die diese Veränderungen am erfolgreichsten umsetzten. Noch heute zählen diese Felder zu den kritischen Infrastrukturen, von denen eine Gesellschaft abhängig ist.

Rechenzentren sind die Fabriken der Digitalisierung

Die historische Perspektive lässt in Hinblick auf die Digitalisierung Muster wiedererkennen. Die telekommunikativen Prozesse begannen, lange bevor der Begriff Digitalisierung überhaupt verwendet wurde. Computer, Datenspeicher, digitale Devices und das Internet ersetzen in dieser Gleichung die Maschinen, Autos, Flugzeuge und das Stromnetz. Bleibt man in dem Bild, sind Rechenzentren die Fabriken, Kraftwerke oder Flughäfen der Digitalisierung. Und unsere Gesellschaft wird immer abhängiger von ihnen. Heute können Störungen in einem Rechenzentrum globalere Auswirkungen haben als der Ausfall eines Kraftwerks oder Flughafens.

Im Laufe ihrer Geschichte veränderten sich die Anforderungen an Rechenzentren. Während früh Verfügbarkeit und Sicherheit eine große Rolle spielten, kam Anfang des neuen Jahrtausends die zunehmende Leistungsdichte als weitere Herausforderung hinzu. Klimatechnisch wurden die größten Kapriolen geschlagen, um die prognostizierte Wärme abzuführen. Wachsende Bandbreiten der Datenfernübertragung bewirkten Strategieänderungen in der Standortfrage.

Der rasante Aufstieg des Rechenzentrums

Mit der bezahlbaren Datenfernübertragung explodierte der globale Hunger nach Daten und Datenaustausch – vergleichbar mit der Mobilitätsentwicklung durch den Ausbau des Schienen- und Straßennetzes. Während die frühen Rechenzentren eher regionale Aufgaben erfüllten, wurden nationale und globale Geschäftsinteressen bestimmend.

Der steigende Bedarf an Rechenzentrumsflächen rückte den immensen Stromverbrauch in den Fokus. Green IT und Energieeffizienz hießen ab sofort die Zielvorgaben. Zugleich kam es zu Standortverlagerungen. Was den Produktionsstätten der Old Economy die Billiglohnländer, wurden den Rechenzentren die Billigstromländer.

Die nächste Evolutionsstufe in der Rechenzentrumsgeschichte trennte Datenproduktion und Standortfrage. Dienstleistungen wie Webhosting, ISP und ASP markieren die Anfänge. Mit den hohen Bandbreiten und Übertragungsgeschwindigkeiten etablierten sich Entwicklungen unter den Begriffen „Cloud“ und „Big Data“. Es war die Geburtsstunde der Hyperscaler, die mit 150 bis 200 MW mehr Strom verbrauchen als eine deutsche Großstadt.

Doch nicht nur dieser Gigantismus erinnert an die riesigen Fabriken der Industrialisierung. So wie im vorletzten Jahrhundert den technischen Errungenschaften die Diversifikation folgte, sind Rechenzentren heute herausgefordert, sich durch immer mehr Spezialanwendungen auf immer spezifischere Kundenbedürfnisse auszurichten. High Performance Computing, IoT, autonomes Fahren und viele weitere neue Ideen, IT einzusetzen, lassen die Anforderungen immer spezieller werden.

Milliarden von Daten müssen verknüpft und analysiert werden, in Millisekunden müssen Entscheidungen getroffen werden. Statt Daten zur Verarbeitung in eine weitentfernte Zentrale zu senden, entstehen Lösungen, die heute noch unter dem Sammelbegriff Edge-Rechenzentren laufen. In Zukunft werden Container, 1-Rack-Datacentersafes, Datacenter in a box oder ähnliche Lösungen hier bestimmend.

Der globale Kampf um die Rechenzentren ist im vollen Gange  

Längst hat der marktwirtschaftliche Verdrängungskampf auch die Rechenzentren als Zentralen der Digitalisierung erreicht. Bitcoin-Berechnungen werden aufgrund der hohen Strompreise nicht in Deutschland gemacht. Unternehmen verlagern Ihre High Performance-Berechnungen nach Skandinavien, das als rechtssicher gilt und mit niedrigeren Energiepreisen punktet. Frankfurt ist ein Rechenzentrumshub, weil es einen internationalen Datenknotenpunkt bietet, der notwendige Datengeschwindigkeiten gewährleistet. Office 365-Anwender verlagern Teile Ihres Rechenzentrumsbetriebes jedoch in ein Rechenzentrum außerhalb Deutschlands, das sie gar nicht kennen. Solche noch vor wenigen Jahren undenkbaren Entscheidungen folgen marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten. Wertschöpfung und die Befriedigung der Kundenbedürfnisse werden zur Voraussetzung für wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit und Erfolg.

Die vier Entscheidungskriterien für einen Rechenzentrumsstandort

Rechenzentren werden die Magnete wirtschaftlicher Entwicklung sein. Da wo sich Rechenzentrumskapazität bündelt, wird sich Business entwickeln. Regionen oder Länder, in denen die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und energiepolitischen Rahmenbedingungen für Rechenzentren nicht bestehen, werden es schwer haben, als bedeutende Wirtschaftsstandorte zu bestehen.

Preis

In der Regel gilt in einem marktwirtschaftlichen Wettbewerb: Wenn nicht ein anderes Kriterium eine zwingende Vorgabe darstellt, bestimmt der Preis die Geschäftsentscheidung. Im Rechenzentrum setzt er sich aus den Investitionskosten für den Bau, den Energie- und Betriebskosten zusammen. Für den Rechenzentrumsstandort heißt das, dass diese drei Kostengruppen unter globalem Druck wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben müssen. In Deutschland sind die Investitionskosten für einen Rechenzentrumsneubau sowie die Energiekosten weltweit mit am höchsten. Sollte sich dies nicht ändern bedeutet, kann Deutschland bei der Massen-IT-Produktion nicht mitspielen. Zur Kompensation werden Energieverbräuche und Betriebsprozesse optimiert – etwa durch Standardisierung, Automatisierung und intelligente Energiemanagementsysteme. Aber all diese Maßnahmen werden auf Dauer dem internationalen Preisdruck nicht standhalten.

Verfügbarkeit und Sicherheit

Für viele Kunden stehen Verfügbarkeit und Sicherheit eines Rechenzentrums an erster Stelle. Ausfälle können zu überproportionalen Folgekosten führen. So kommen z.B. hochwassergefährdete Gebiete oder Krisenregionen keinesfalls als RZ-Standorte in Frage. Durch Gesetzesvorlagen, Standardisierungen und transparente Normen erfüllen global gesehen aber immer mehr Rechenzentren die gewünschten Anforderungen. Damit steigt der Preisdruck. Zukünftig werden automatisierte Prozesse, eine Vereinfachung der Betriebskomplexität und predictive Maintenance für höhere oder kostengünstigere Verfügbarkeit und Sicherheit sorgen.

Datenanbindung

Schon heute gibt es Rechenzentrumshubs, weil sehr viele Anwendungen auf kurze Response-Zeiten bzw. schnelle Anbindung an den internationalen Datenverkehr angewiesen sind. Der Bedarf an Echtzeitverfügung bzw. -verarbeitung der Daten wird zukünftig deutlich steigen, was Folgen für die Standortwahl hat. Auch die Transferkosten bei rasant wachsenden Datenmengen werden steigen. Chancen liegen hier in intelligenten Datenmangementsystemen, die die Datenwege auf Sinn und Wirtschaftlichkeit hin analysieren.

Spezialisierung

Immer mehr IT-Lösungen haben spezielle Rechenzentrumsanforderungen, seien sie geografisch, klima- oder platztechnisch oder mit Blick auf hybride Funktionen. Eine ganz wesentliche Anforderung wird in Zukunft die Echtzeitverfügbarkeit und -berechnung sein. Hier geht die Entwicklung in Richtung Standardisierung, Vorkonfektionierung und Miniaturisierung. Weitere Anforderungen werden der autonome Betrieb, virtuelle Fernüberwachungssysteme und Wartungsfreiheit sein.

Fazit

Ein Blick in die Vergangenheit macht deutlich, dass wir mit den Entwicklungen des Rechenzentrums noch lange nicht am Ende sind. Die aktuellen Entscheidungskriterien für den Rechenzentrumsstandort und die Voraussetzungen für seine Wirtschaftlichkeit zeigen, dass das autonome Rechenzentrum längst keine ferne Zukunftsfantasie mehr ist.

Dieser Artikel erschien auch im am 2.10.2019 publizierten Datacenter Insider Kompendium „Das autonome Rechenzentrum“, zu finden über: https://www.datacenter-insider.de/das-autonome-rechenzentrum-v-42069-13272/

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